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- 240. Jahrgang
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- Nr. 53 : Dienstag, ...
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Jenaische Zeitung, 4.3.1913 Kunst-Ausstellung. Die Ausstellung von Tierbildern zeigt deutlicher als irgend eine der vorigen, worauf einige der jüngeren Künstler hinaus wollen, durch die Gegenüberstellung zweier ganz entgegengesetzter Kunstanschauungen. Auf der einen Seite das, was man im allgemeinen die treue Darstellung eines Naturobjektes nennen könnte, auf der anderen den Aufbau einer rein phantastischen Welt, die aus Natureindrücken nur noch eine Anregung holt. Zu der ersteren Art gehören der wegen seiner großen Geschicklichkeit seit langem bekannte und geschätzte Schramm-Zittau und ein junger talentvoller Schüler Zügels, Alfons Purtscher. Beider Kunst scheint mir durch die hier ausgestellten Bilder nicht sehr günstig vertreten zu sein. Am besten gefällt mir davon der große Hund von Purtscher und am wenigstens [sic] die beiden kleinen Bilder von Schramm. Die Farbenholzschnitte von Walter Klemm haben nicht nur die Technik von den Japanern entlehnt, sondern wetteifern auch in Bezug auf eingehende und liebevolle Versenkung in das Wesen der Tiere und auf die stilistische Kraft der Darstellung und der dekorativen Wirkung glücklich mit ihren Vorbildern. Diesen Dingen gegenüber erkennt man nun ganz klar, daß Franz Marc nichts weniger beabsichtigt, als ein Naturobjekt darzustellen. Im Gegenteil, durch das Zerlegen der Gegenstände in gerade Flächen geht er geflissentlich jeder Möglichkeit aus dem Wege. Die Eindrücke der Wirklichkeit sind sozusagen nur noch Anlaß oder Vorwand, um eine phantastische visionäre Traumwelt aufzubauen. Wer von vornherein eine so weite Entfernung von der Wirklichkeit für einen nicht gangbaren Weg hält, wird den Werken des Künstlers gegenüber sich selbstverständlich ablehnend verhalten. Aber wenn man auch, wie ich es gerne tue, den Träumen der Künstler willig folgen will, so hat man hier doch nicht geringe Schwierigkeiten zu überwinden. Der konsequente Aufbau aus gradflächig begrenzten Gebilden, der sogenannte Kubismus, mutet dem Auge mehr zu als andere willkürliche Umgestaltungen der Wirklichkeitsformen; die ganze Phantasiewelt des Künstlers ist mir auch noch so neu, daß eine genaue Beschreibung des Wesens dieser Bilder mir zurzeit nicht möglich ist. Und nur nach einer solchen kann ja eine Kritik, der es um Erkenntnis zu tun ist, streben, nicht nach einem Urteil über die Qualität. Ich begnüge mich daher mit einigen Bemerkungen, die nur meinen rein persönlichen Eindruck geben wollen. Ich erkenne durchaus den großen Ernst der Bestrebung, und an den Anlehnungen an den Neo Impressionismus, an Gauguin und wie es scheint an Kandinsky die Vielseitigkeit der Studien. Ich genieße im allgemeinen die Geschlossenheit des farbigen Aufbaus, wenn auch die Vorliebe für ein gewisses Rot mir den Gesamtklang eine Note weichlich macht. Den geschlossensten Eindruck macht auf mich das Bild mit dem Tiger und hier finde ich das Formproblem vollständig gelöst. In der farbigen Erscheinung gefallen mir sämtliche Bilder mit weißen Objekten: „voran der „Hund vor der Natur“ aber auch das Bild mit weißen Schweinen. Von starker unheimlicher Wirkung sind die ruhenden Hirten, trotz der Willkür in der Formbewegung. Auf dem großen Bilde mit dem Wasserfall ist das Blau des Falles ganz köstlich und die Gegenüberstellung der gelben und roten Felsmassen zu seinen beiden Seiten eine vollständig verständliche und befriedigende Bildidee. Aber die menschlichen Figuren auf diesem Bilde gelingt es mir nicht in den Zusammenhang einzubeziehen. Die „große Landschaft“ überrascht durch die neue Art einen weiten Raum durch Ordnung der farbigen Massen eindrucksvoll wirken zu lassen. Eine künstlerische Kraft, die sich ihrer Ziele und Wege bewußt ist, spüre ich überall. Wieweit das befremdende in den Bildern bei längerer Betrachtung schwinden wird, wieweit etwa der Künstler seine Wirkung ohne die stark befremdenden Elemente erreichen wird, das wird uns die Zukunft lehren. Anschließend möchte ich unsern Lesern eine Mitteilung machen, die viele interessieren wird. Das königl. preußische Kultusministerium hat ein Bild von Erich Kuithan, darstellend Schillers erste Vorstellung, angekauft und dem deutschen Seminar der Universität Göttingen zu seiner Einweihung überwiesen. Es ist dies dasselbe Bild, welches der Künstler seinerzeit an Stelle des von ihm für mißlungen erklärten und daher mit seiner Namensunterschrift nicht versehenen Bildes anbot. Nachdem das letztere, ohne genauere Prüfung aufgehängt worden war, blieb für uns die Hoffnung, gelegentlich die Bilder tauschen zu können. Darauf müssen wir nun zwar verzichten, aber wir wünschen dem Künstler von Herzen Glück zu seinem Erfolge. B. Graef.
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- 16. Februar-9. März: Tierbild-Ausstellung: Franz Marc, Walter Klemm, Alfons Purtscher, Rudolf Schramm