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- Zeitsprünge : Forsc...
- Jahrgang 26
- Heft 3-4
- Desert Phantasia. P...
- Author
- published
- Thu Sep 15 2022
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E-ISSN: 2751-515X
P-ISSN: 1431-7451
- size
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293-310
- abstract
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In der Forschung wurde bislang vernachlässigt, dass die frühchristlichen ›Wüs- tenväter‹, die ersten Mönche in Oberägypten, die rhetorische und philosophische Tradition der griechisch-römischen Antike fortführten. Dabei knüpft ihre radikale Praxis der askesis an Konzepte an, die sich mindestens bis zu Aristoteles zurückverfolgen lassen. So taucht in ihren Schriften wiederholt das Problem der phantasia auf, d. h. die Frage, wie man die eigene Seele affizieren und transformieren kann, indem man eine Serie von Bildern willentlich vor das geistige Auge stellt. Der Aufsatz untersucht anhand einiger Schlüsseltexte des spätantiken ägyptischen Mönchtums, welche zentrale Rolle solche Praktiken der Visualisierung für die psychosomatischen Transformationsbestrebungen des Frühchristentums spielten. Die Visualisierung von Szenen des Jüngsten Gerichts, von Christus’ strahlendem Gesicht oder seinem gekreuzigten Leib dienten nicht bloß der Memorisierung der Heiligen Schriften. Wie es zu zeigen gilt, versprachen diese meditativen Praktiken vielmehr eine überwältigende Erfahrung von Schrecken und Verzückung (ekstasin).