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- Zeitsprünge : Forsc...
- Jahrgang 26
- Heft 1–2
- Bookish Demons: Scr...
- Author
- published
- Fri Jul 1 2022
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E-ISSN: 2751-515X
P-ISSN: 1431-7451
- size
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88-127
- abstract
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Der heilige Antonius Eremita wurde in den bildenden Künsten häufig als versunkener Leser dargestellt, der von boshaften Dämonen belagert, gestört oder gepeinigt wird. Im Kontext dieser Ikonographie, die gegen Ende des Mittelalters weite Verbreitung fand, taucht das rätselhafte Motiv lesender Dämonen auf. In spätmittelalterlichen Buchmalereien, frühneuzeitlichen Gemälden und Graphiken sehen wir dämonische Doppelgänger, welche die lectio divina des Heiligen imitieren, parodieren, pervertieren. Auch wenn es sich bei den lesenden Dämonen zumeist um Randfiguren handelt, werfen sie doch Fragen auf, die eine theozentrische Hermeneutik erschüttern. Der Aufsatz demonstriert anhand der ikonographischen, hagiographischen und theologischen Einbettung dieser Figuren, inwiefern die Versuchungen des Antonius als Versuchungen der Schrift lesbar sind. Es gilt zu zeigen, dass die lesenden Dämonen mögliche innere Widersprüche und Mehrdeutigen der Heiligen Schrift verkörpern, die den Leser auf Abwege führen. Damit erweisen sich die Dämonen, die dem Heiligen auflauern, nicht bloß als äußere Störfaktoren, sondern als ein subversives Potenzial, das im biblischen Schriftsinn selbst schlummert.