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Königliche Akademie der Künste zu Berlin (DR), (DKR), (1882 - 1918)
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Jenaische Zeitung, 15.5.1913 Berliner Stimmungsbilder. Von Paul Lindenberg. (Nachdruck verboten.) Berlin, 9. Mai. Der große Auftakt zum Jubiläum des Kaisers beginnt allmählich, den Anfang bildet die am Sonnabend vormittag stattfindende Eröffnung der Jubiläums-Kunstausstellung im Moabiter Glaspalast, der diesmal der Kaiser beiwohnen wird – ein seltenes Ereignis, denn eine Reihe von Jahren ist’s her, daß der Kaiser persönlich an der Eröffnung dieser Ausstellung teilgenommen, ihn vertrat stets der Kultusminister, und es ging meist recht sang- und klanglos zu. Das wird nun natürlich am Sonnabend anders sein, ein farbiges Schauspiel mit höfischem Gepränge wird sich vor und in der Ausstellung entwickeln, freilich sind die Kreise, die es schon jetzt wissen müßten, noch nicht unterrichtet, ob der Kaiser das Wort ergreifen wird. Die Ausstellungsräume selbst sind zum Teil wesentlich umgeändert worden und haben eine umfassendere architektonische Ausgestaltung erhalten, die sich würdig und eindrucksvoll gibt, wie der sich an den Kuppelraum anschließende neue Kaisersaal, dessen Inhalt uns in vielseitiger Weise den persönlichen Einfluß des Kaisers auf die Bautätigkeit während seiner Regierung und welch‘ bedeutsamen baulichen Aufgaben er sein besonderes Interesse gewidmet, veranschaulichen wird. Ueberhaupt ist diesmal der Baukunst viel Platz bewilligt worden; neben der erwähnten Nationalen Architekturausstellung wird man Sonderausstellungen unseres Stadtbaurats Ludwig Hoffmann und des bekannten Burgenbauers Bodo Ebhardt, der sich den äußeren Rahmen seiner Werke in Form einer vornehmen Schloßdiele geschaffen, finden. Die Berliner Kunst ist noch stattlicher wie [sic] sonst vertreten, daneben ist eine Reihe von Sälen verschiedenen anderen deutschen Kunststädten überlassen worden, so München, Karlsruhe, Düsseldorf, Stuttgart, Weimar, Dresden und Wien. Diese Säle sind nicht nur den Lebenden eingeräumt, sie werden auch die Werke hervorragender verstorbener Künstler enthalten. Ebenso ist in ihnen durchaus nicht die „Kunstgattung“ beschränkt worden, es stellten sich dort auch die Sezessionisten ein; nur die Berliner Sezession blieb, durch eigene Schuld, fern. Zwei große Sonderausstellungen werden uns das bisherige Schaffen zweier unserer bedeutendsten zeitgenössischen Künstler schildern und zwar das Gustav Schönleber’s [sic] und Franz von Stuck’s [sic]. Auch das Aeußere der sonst so eintönigen Glashalle ward freundlich geschmückt. Mit dichtem Grün wurden die Wandflächen des Portalvorbaues bekleidet und um letzteres windet sich eine vergoldete Guirlande: zwei lebensgroße Rosseführer, in blendendem Gips, haben rechts und links vom Haupteingang ihren Platz gefunden. Im Park, der sich in seinem lichten Frühlingsgewande sehr reizvoll ausnimmt, sind verschiedene größere Skulpturen untergebracht: zwei Ringer, ein Speerwerfer, Kaiser Franz Joseph von Oesterreich und sehr liebenswürdige Gruppen spielender holländischer Kinder. Schon jetzt darf man sagen, daß die Ausstellung nichts Ueberraschendes bieten wird, aber in geschickter und übersichtlicher Anordnung dürfte sie uns ein fesselndes Bild der zeitgenössischen deutschen Kunst geben und damit ihren Zweck erfüllen. Zu bedauern ist es, daß uns, ganz gleich, durch wessen Schuld, in dieser Ausstellung nicht die vielumfassende künstlerische Tätigkeit Anton von Werner’s [sic] entgegentritt. Der Meister beging am 9. Mai seinen 70. Geburtstag, und es hat ihm gewiß nicht an vielerlei und herzlichen Ehrungen wie Beglückwünschungen gefehlt. Was er auf dem Gebiet der Kunst geschaffen, braucht hier nicht des besonderen erwähnt zu werden, es ist das reiche und ersprießliche Lebenswerk eines Künstlers, dem es vergönnt gewesen, schon früh an weithin sichtbarer Stelle wirken zu können und der des ferneren berufen wurde, eine Reihe weltgeschichtlicher Ereignisse zu schildern, in interessanter und verständnisvoller Weise. Es wird später noch mehr anerkannt werden, wie es jetzt der Fall, wo sein Streben und Können oft einer leidenschaftlichen und häufig einseitigen Kritik unterworfen wurde. Das hing vielfach mit seiner Stellung als Akademiedirektor und mit seiner ganzen Persönlichkeit zusammen. Denn Anton von Werner hat nie aus seinen Ueberzeugungen ein Hehl gemacht, er kannte in seinen Kunstauffassungen kein Schwanken und Wanken und nahm niemals ein Blatt vor den Mund , wenn es galt, auf den Kampfplatz zu treten. Da hat er sich stets als furchtloser deutscher Mann erwiesen, der gewiß das eine oder andere Mal vorbeigehauen, der es aber jederzeit ernst und redlich mit der Kunst gemeint und dem das Wohl und Wehe seiner Schüler immer am Herzen gelegen. – […]
- Rubriken Kunst
- 1913