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- 240. Jahrgang
- April
- Nr. 94 : Mittwoch, ...
- [Anton von Werner s...
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Königliche Akademie der Künste zu Berlin (DR), (DKR), (1882 - 1918)
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Jenaische Zeitung, 23.4.1913 Tagesbegebenheiten. Die „Vossische Zeitung“ bringt eine Nachricht, die gerade in diesem Augenblick peinliches Aufsehen erregen muß und die man für unglaublich halten würde, wenn sie nicht durch einen Brief Anton v. Werners, des Direktors der Königl. Kunstakademie, bestätigt würde. Es war beabsichtigt, aus Anlaß des bevorstehenden 70. Geburtstages des Künstlers eine Gesamtausstellung der bedeutendsten Werke des Künstlers zu veranstalten. und [sic] war es selbstverständlich, daß die Ausstellungskommission zuerst auch an die bekannten Wernerschen Dioramen des Sedan-Panoramas gedacht hat, die Eigentum des Kaisers sind, der selbst als Prinz wiederholt ihrem Entstehen zugeschaut hat. Es handelt sich um folgende Darstellungen: „Die Uebergabe von Napoleons Brief an König Wilhelm durch General Reille“, „Die Kapitulationsverhandlungen zwischen General v. Moltke und General von Wimpffen“ und „Zusammentreffen von Bismarck und Napoleon auf der Chaussee zwischen Donchery und Sedan“. Man hat nunmehr an maßgebender Stelle plötzlich entdeckt, daß diese Dioramenbilder und noch einige andere historische Gemälde einen „aufreizenden politischen Charakter“ haben und die „leicht zu verletzende nationale Eigenliebe unserer westlichen Nachbarn“ gebührende Rücksicht finden müsse. Die „Vossische Zeitung“ veröffentlicht folgendes Schreiben Anton v. Werners vom 20. Dezember 1912: „Sehr geehrter Herr Professor Kallmorgen! Herr Rat Croner hat mir gestern mitgeteilt, daß bezüglich einer Kollektivausstellung meiner Arbeiten das eingetroffen ist, was ich von Anfang an befürchtete: politische Bedenken, und zwar gerade wegen der Bilder, ohne die ich eine Kollektivausstellung für unmöglich halte. Es würde ja doch durch die Presse bekannt werden, warum ich diese nicht ausgestellt habe. Ich ziehe also hiermit meinen Wunsch auf eine Kollektivausstellung einer Anzahl meiner Arbeiten zurück.“ Es wird wenige Menschen in Deutschland geben, die eine derartige Maßregel verstehen können. Nicht nur wegen der in ihr enthaltenen Verletzung für den 70jährigen Werner, aber weil in diesem unglaublichen Verbot einfach die schmähliche Anerkennung liegt: Ihr dürft Euch der Taten Eurer Väter nicht öffentlich freuen, weil das die Feinde Eurer Väter verletzen könnte! Nichts würdig ist die Nation, die nicht ihr Alles freudig setzt an ihre Ehre! Und noch nichtswürdiger ist die Nation, die sich nicht mehr getraut, derer feiernd zu gedenken, die einst ihr Alles an die nationale Ehre setzten! Das wäre denn doch unglaublich, wenn bei der Ausstellung zum Regierungsjubiläum des Kaisers die Bilder fehlen würden, aus deren Darstellung man erst versteht, welches Erbe Wilhelm II. angetreten hat und worauf die Macht beruht, deren Repräsentant er 25 Jahre lang jetzt ist. Das Jahr 1913 kann in [sic] neuen Deutschen Reiche nicht gefeiert werden, ohne das Jahr 1870 mitzufeiern, die sich zueinander verhalten, wie die volle Ernte zur ersten schweren Aussaat. Wilhelm II. ist nicht denkbar ohne Wilhelm I., und dieser, der alte Kaiser, hat sein Lebenswerk auf den Schlachtfeldern Frankreichs und im Spiegelsaal von Versailles gekrönt gesehen, in all den Szenen, die Anton v. Werners Pinsel festgehalten hat. Nicht um diesen maler geht es, sondern darum, daß wir unserer Ruhmestage offen und ungescheut gedenken, ohne damit allerdings die Gefühle anderer verletzen zu wollen. Das ist nicht Chauvinismus, sondern die ganz naturnotwendige Dankbarkeit der Enkel für die Vergangenheit, die ihnen Land und Reich erschuf. Es ist schmachvoll, daß gerade in dem Augenblick, wo man in Frankreich die aufreizenden deutsch-feindlichen Theaterstücke unter den Augen der Behörden spielt und deutsch-feindliche Varieteelieder allabendlich singen läßt, eine so zarte Rücksicht auf Frankreich von deutscher Seite genommen wird. Wie schrieb doch vor einigen Tagen die „Post“: „Die bereits vor längerer Zeit aufgeworfene Frage erscheint abermals durchaus erwägenswert, ob man nach dem deutschen Flotten- und Wehrverein nun nicht endlich einen deutschen Ehrverein schaffen soll, der es sich zur besonderen Aufgabe setzt, überall da auf den Plan zu treten, wo die Anschauungen der Reichsregierung über den Begriff deutscher Ehre mit denen des Volkes auseinandergehen!“
- rubric
- Tagesbegebenheiten
- Rubriken Kunst
- 1913