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Jenaische Zeitung, 18.4.1913 Kunst und Wissenschaft. Für das neue Théâtre des Champs Elysées in Paris, das kürzlich eröffnet worden ist, hat Prof. Henri van de Velde – Weimar den Entwurf geliefert, der mit dem sogen. deutschen Stil die architektonische Konvention Frankreichs ziemlich schroff durchbricht. In der „Köln. Ztg.“ wird u. a. darüber geschrieben: Die ganz mit weißem Marmor bekleidete Fassade ist als eine Art riesigen Portikus auf zwei tragenden Pilastern aufgebaut, an den sich zwei niedrigere Anbauten schließen. Der palttdachige Portikus ist von einem weitausladenden Sims gekrönt, unter dem sich ein mächtiger Relieffries des Bildhauers Bourdelle von Pilaster zu Pilaster zieht. Die Front ist durch drei mehrstöckige Fenster geteilt, sämtliche Profilierungen sind auf zarte Licht- und Schattenwirkungen berechnet. In der großartigen Schlichtheit dieser Fassade wirken einzig die Bourdelleschen Plastiken schmückend, die mit fast harter Wirkung scharf in den Stein geschnitten sind und ausgezeichnete dekorative Wirkung haben. Das Innere führt von einer Vorhalle in das ganz weiße, vornehm und geräumig wirkende Treppenhaus. Die Treppen mit schmiedeeisernem Gitter leiten von hier aus nur bis in das erste Stockwerk, um das sich eine säulengetragene Galerie zieht. Dies sogen. Atrium ist wieder von Bourdelle geschmückt, und zwar mit einem Freskenzyklus aus der klassischen Mythe, die den Bildhauer beinahe als noch besseren Maler zeigt. Der Zuschauerraum ist eine sehr gut proportionierte Kuppelhalle. Die Ränge, deren Brüstungen wieder mit weißgrauem Marmor bekleidet und mit Gold eingefaßt sind, senken sich, wie das Parkett, in dessem [sic] letzten Teile sich hinter einer lustigen Schwingung offene Logen befinden, langsam der Bühne zu. Sie ruhen auf durchgehenden, kannelierten Säulen aus vergoldetem Stuck. Das Proszenium, dessen Logen unterdrückt sind, ist wiederum mit Marmor bekleidet und über der Bühnenöffnung wirken die in der Mitte und in den Ecken verteilten Orgelpfeifen – ein sehr glücklicher Gedanke – als Dekoration. In der Zartheit der weißgoldenen Farbstimmung, die der schimmernde Vorhang noch erhöht, bringt die karmoisinrote [sic] Bekleidung der Logen die warme farbige Note. In dem gewaltigen Komplex dieses Gebäudes befindet sich, was noch nicht erwähnt wurde, ein zweites kleines Theater mit 600 Plätzen, das von Astrue als Komödienbühne vermietet worden ist. Das kleine Theater befindet sich über der Halle des großen, so daß die Fasssadenfenster [sic] sein Foyer erleuchten. Diese Anordnung ist sehr geschickt. Vom Eingang in der Eckrundung der Fassaden gelangt man mit Fahrstühlen hinauf. – Mit diesem neuen Theaterbau hat Paris zum ersten Male, was ja eigentlich unglaublich ist, ein geräumiges modernes Theater erhalten, in dem Kunst und Komfort nebeneinander bestehen.
- rubric
- Kunst und Wissenschaft
- Rubriken Kunst
- 1913