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Jenaische Zeitung, 2.4.1913 Museums-Ordnung und Trübner-Ausstellung zu Erfurt. Ostern wurde im städtischen Museum zu Erfurt das Erdgeschoß eröffnet. Lange Vorarbeiten waren nötig, aus dem früheren Zollamt ein Museum zu schaffen, das einstweilen, d. h. vor Vollendung eines Neubaues, Thüringer-, speziell Erfurter Kunst enthält. Die einzelnen, gut geordneten Säle haben bezüglich ihres Inhaltes, der vorläufig zumeist eine Auswahl des vorhandenen Materials bildet, einen spezifisch-formalen Charakter. So ist in drei Räumen mittelalterliche Holzplastik untergebracht, die wegen ihrer Eigenart von Bedeutung ist. Mehrere Neuerwerbungen, wie ein Altar der Saalfelder Schule und eine Reliefgruppe der Anbetung Christi, befinden sich darunter. Der nächste Raum enthält Gemälde, auch die neuerworbene, höchst wertvolle „Heilige Nacht“ von Lucas Cranach, ein Hauptanziehungspunkt des Museums. Ein fünfter Raum bringt ausgewählte Renaissancekunst, Holzarbeiten, Goldschmiedearbeiten, Zinngeräte usw.; vieles aus dem alten Erfurter Rathause. Weitere Räume bergen Schmiedeeisenarbeiten, beschlagene Truhen und allerlei Waffen der Stadt. Barockplastik ist im neunten Raume vertreten. Der letzte Saal enthält einen Teil der großen keramischen Sammlung, darunter eine Reihe Neuerwerbungen an seltenem Thüringer und Meißener Porzellan, an Fayence (zumeist Erfurter, die sehr selten ist) und an Steinzeug. Rokokomöbel und Gemälde sind zeitgemäß mit dieser keramischen Sammlung verbunden. Ebenfalls Ostern ist im ersten Stock desselben Museums eine Ausstellung von Gemälden Wilhelm Trübners eröffnet worden. Trübner an dieser Stelle ein hohes Lied der Anerkennung singen, wäre wohl überflüssig, denn man kennt ihn längst in seinem vollen Werte und ist stolz darauf, ihn so zu kennen. Der Werdegang dieses Großen in der deutschen Kunst, entsprechend der Entwicklung moderner Malerei, läßt sich in der Erfurter Ausstellung gut verfolgen. In die Frühperiode des jetzt 62jährigen Meisters gehört das Porträt des Walzerkomponisten Gungl, das seines packenden Ausdrucks und der abgeklärten Ruhe wegen „klassisch“ zu nennen ist, etwa wie für seine Zeit Dürers Porträt des Hieronymus Holzschuher. Später werden seine Bilder farbiger, durchsichtiger, ohne im Ton und in der Farbenwirkung etwas zu verlieren, im Gegenteil, sie nehmen einen wundervollen, eigenen Glanz und Klang an. Dies Letztere ist typisch auf all seinen Werken, ob Porträt oder Landschaft (meist Motive vom Starnberger See). Und noch etwas recht Auffälliges. Trübner kann Laub, Rasen, Wasser, Luft sehen und malen – und das können doch nur ganz wenige; er aber kann es ausgezeichnet. Denn auf seinen Landschaften geht die Farbe aus dem Inhalt, der Inhalt aus der Farbe, und beides zusammen aus der erst lange Zeit wirklich gesehenen und ebenso wirklich empfundenen Natur hervor. Sich in seine große Kunst vertiefen, ist höchster Genuß und dauernder Gewinn. Daß die Erfurter zu dieser bedeutungsvollen Ausstellung kamen, ist mit ein Hauptverdienst der bekannten Galerie Haberstock zu Berlin. Der Museumsbesuch ist sehr zu empfehlen, zumal die Trübnerschen Gemälde nicht mehr allzu lange dableiben. A.S.
- Rubriken Kunst
- 1913