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Jenaische Zeitung, 11.2.1913 Angelo Jank. Peter Kálmán. Zwei farbenfrohe, kräftig ins Zeug gehende Moderne sind in die Ausstellung am Karlsplatz eingezogen, wo eben noch die feinen und träumerischen Kunstwerklein Olbrichts ihre stille Gemeinde versammelten. Angelo Jank, der wohlbekannte bayerische Soldaten- und Reitermaler, teilt sich in den Raum mit dem serbisch-ungarischen Stuckschüler Peter Kálmán, einem ähnlichen, doch minder gebändigten Temperament, das noch in vollem Gährungskampfe begriffen ist. Jank ist ein Künstlersohn, dessen vielgestaltiges Können durch versonnene Romantik, flotten Plakatstil, Märchenrokoko, fein gesehene deutsche Landschaften gewandert ist, ehe es und er mit zwingender Macht auf dem Gebiet Fuß faßte, das er ganz eigenartig beherrscht. Dem schlanken, vergeistigten Vierziger des schönen graphischen Selbstbildnisses ist ein packender Wirklichkeitssinn, eine kühne, pastose Farbenbehandlung, eine Gewalt über Bewegung und Beleuchtung seiner Pferde- und Menschengestalten eigen, denen gegenüber gelegentliche Härten und allzu selbstverständliches Rechnen mit der Fernwirkung kaum ins Gewicht fallen. Unser deutscher, kerniger Soldatentyp, der Kutschke von 1870, wie wir Aelteren gern sagen, tritt bei Jank in derb handgreifliche Erscheinung. Man denkt an Bismarcks hohe Bewertung der „Knochen des preußischen Grenadiers“ – d. h. es kann auch ein königlich bayerischer „Schwolischeh“ oder einer der famosen württembergischen Ulanen „im Regen“ oder „auf Patrouille“ sein. Braunrote Gesichter, Augen durch Aufmerksamkeitsdisziplin gebannt, Gestalt und Geste in zielbewußter, drängender bewegung, der Körper des Berittenen eins mit seinem Pferde. „Nicht Reiter, nicht Pferd allein, Kentauren malt Jank“, sagt Fritz von Ostini in seiner liebevollen Studie über den Künstler. Und weiter: „Das ist das Besondere dieser seiner Kunst, daß er das Pferd in der Form zu geben weiß, die der Wille des Reiters bestimmt, sei es in der angespannten Aktion schwerer Zugpferde vor dem Geschütz, sei es im leichten, versammelten Trab spazieren reitender Kavaliere und Amazonen, sei es in den fördernden Sprüngen am Endgalopp eines Rennens.“ Ja, welcher Elan im heißen Treiben des „Finish“ und der „Reitschuljagd hinter den Hunden“ oder am „Hindernis“! Dazu die feingestimmten Licht- und Luftwirkungen, die alle diese Szenen um- und durchspinnen. Wie liegt die stille Frische des „Morgenritts“ auf Vater und Tochter, wie beglänzt die leuchtende Herbstkühle den ruhsamen Augenblick „vor der Jagd“ und jeden einzelnen Hund der hellhaarigen Meute, die unter den Augen der graziösen Reiterin durch die Rotröcke losgekoppelt wird. Nun zu Peter Kálmán, „der sich ganz von unten herauf in die Höhe gestemmt hat“, wie uns Hermann Eßweins stürmisch empfehlendes Begleitschriftchen erzählt. Sicher ein starkes, würdiges Talent, kein „belangloser Pinselathlet“ und der ästhetischen Verfeinerung bereits zugänglich, das beweist sein charaktervolles, ohne naturalistische Unarten gemaltes Bildnis von Richard Strauß mit der hohen eckigen Stirn, dem klaren, stillen und doch etwas verlorenen Blick gegen einen sehr dunklen Hintergrund. Aber dies Bild befindet sich in grobschlächtiger, zum Teil sehr abstoßender Gesellschaft, sowohl was effekthaschende Impressionistentechnik als was die dargestellten Individuen betrifft. Was für ein scheußliches Weib ist „mein Modell“ mit seinem süffisanten Schmunzeln und der grau-weißlich verwesten Hand, wie behaglich wirkt die zugleich steife und schlappe Haltung des achtlos hingestrichenen ungarischen Bauernmädchens mit dem Bündel! Der eine Akt wirkt perspektivisch ganz vorzüglich aus der entferntesten Ecke gesehen, aber an sich gehört er eben auch zu der Sammlung unsympathischer Raritäten, die man ebenso gern nicht sieht. Der „Cellospieler“ ist ein lieber feiner Mensch, aber seine Dame entschieden eine Cousine „meines Modells“, was alles sagt. Nur ein krank aussehendes junges Mädchen mit ach so traurigen, umrandeten Augen hält den Beschauer fest, wie sie da vor sich hinsinnt, mit einem abgegriffenen Buch in der Hand. Hier liegen die Keime zu einer „Delikatesse der Kraft“, wie sie Eßwein dem Künstler bereits zuspricht, wie sie aber vorläufig bei ihm in wahllosen Stürmen und Drängen noch erdrückt wird.
- rubric
- Skizzen aus der Landeshauptstadt
- Rubriken Kunst
- 1913