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- Jenaische Zeitung :...
- 239. Jahrgang
- Dezember
- Nr. 300 : Sonntag, ...
- Weihnachtsausstellu...
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Jenaer Kunstverein (DR), (DKR), (WR), (NSD/NS), (DDR), (BRD), (20.12.1903 - 1937; XX.02.1990 -)
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2. Blatt
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Weihnachtsausstellung Jenaer Künstler im Kunstverein. Es ist in den Kunstvereinen fast aller deutschen Städte zur guten Gewohnheit geworden, in einer Weihnachtsausstellung allen Denen Raum zu geben, welche sich innerhalb der Mauern und im nächsten Umkreis der Stadt um Kunst bemühen. Orte, welche eine langgehegte, alteingesessene, künstlerische Tradition, durch welchen Einfluß auch immer beisitzen, werden einer solchen ein einheitliches Gepräge der Bestrebungen aufweisen. Jena besitzt eine solche Tradition noch nicht, auch finden sich keine Meisterschulen am Ort, welche eine solche Tradition schaffen könnten, noch weniger gibt es hier Aufgaben, bedeutend und vor allem Zahlreich genug um Künstler dauernd zu fesseln. Gelänge es, die Bürgerschaft immer mehr für die künstlerische Gestaltung der Stadt, ihrer Häuslichkeit und ihres Lebens zu interessieren, das ästhetische Gewissen in weiten Kreisen zu wecken, an Aufgaben würde es dann nicht fehlen, für Architektur, Plastik und Malerei. Der Künstler würde ein ebenso notwendiges Glied im Gesamtorganismus der Stadt werden, wie der Kaufmann, der Handwerker und der Beamte. Jena hat für die Entfaltung eines eigenen Kunstlebens vor vielen Städten eine günstige Bedingung voraus: Die landschaftliche Umgebung der Stadt gibt Aufgaben und Anregungen im Ueberfluß. Schon Goethe hat auf die anziehende Landschaft aufmerksam gemacht. Die geologische Entwicklung hat gerade hier dem Boden die mannigfaltigen Formationen gegeben. Mehr fast als an anderen Punkten des Saaletals tritt zu der Lieblichkeit ein Zug von Größe, und das wechselnde Spiel des Lichtes schafft Bilder von nicht endender Vielfältig, denen doch etwas Gemeinsames und überaus Eigentümliches zu grunde liegt. Man erwartet Verarbeitungen der Eindrücke dieser Landschaft in Ausstellungen zu finden, sei es, daß ein Künstler mit mehr sachlicher Gesinnung das Charakteristische der tatsächlich gegebenen Formen und das Typische der Beleuchtungen darstellt, sei es, daß er mit der Empfindung, die die Landschaft in dem Bewohner auslöst, sein Kunstwerk durchtränke. Man ist erstaunt, davon nur wenig zu finden. Chr. Natter hat die Aufgabe richtig erkannt: er sucht die großen Linien zu schaffen, jenes besondere zu geben. Ersieht es wenigstens, wenn auch seine Gestaltungskraft nicht immer ausreicht, alle Einzelheiten zum Bilde zusammen zu zwingen. Außer den Landschaften hat Natter eine interessante Aktzeichnung, eine gemalte Aktstudie und Aquarelle ausgestellt, welche die Vielfältigkeit und den Ernst seiner Bestrebungen dartun. Das Bild von Gerhard Sy, Saale im März, enthält viel vom Typischen unserer Landschaft und gehört zu den besten Bildern der Ausstellung. Es ist auffallen, wie weit die anderen Arbeiten desselben Malers dagegen zurückstehen. Ernst Biedermann überragt die anderen durch die Sicherheit seines Können im Zeichnerischen sowohl wie in der Behandlung der Farbe. Das ältere Bild, das von ihm ausgestellt ist, zeigt deutlich, wieviel freier und breiter seine Malweise geworden ist. Ihm gibt das Saaletal Bildmotive und Landschaftsausschnitte, die gewiß von der Mannigfaltigkeit der Aussicht zu erzählen wissen, die der Wanderer genießt. Auf den kleineren Bildern und mit der Verwendung der stumpferen Pastellfarben scheint er mir noch glücklicher zu sein, als in den großen Oelbildern. Läßt man seine Bilder in der Erinnerung vor dem geistigen Auge vorüberziehen, so hebt sich gleichwohl die Jenenser Landschaft als Ganzes nicht mit der Macht des Erlebnisses aus der Gesamtheit der Einzelausschnitte heraus. Das würde erst durch die systematische Kraft geschehen, die im Teil die notwendige Beziehung auf das Ganze empfinden läßt. Hermann Haack ist mir in seinen Landschaften, die immer ein Stück persönlicher Auffassung enthalten, interessanter, als in seinen Porträts. Fräulein M. Uhlig zeigt sich als eine junge Dame von Mut und Begabung. Sie weiß mit ihrer breiten Malerei große Formate einheitlich in Angriff zu nehmen. O. Herbig hat einen interessanten Studienkopf ausgestellt. Von K. Naumann scheint mir die Herbststudie besser als die „Badeanstalt“. Frau Else Leitzmann hat, seit sie vor Jahren hier ausgestellt hat, sowohl ihr Formgefühl entwickelt, als auch die malerische Haltung ihrer Arbeiten durch Beherrschung der Farben gefördert. Man würde das mit noch größerer Freude anerkenne, wenn sie sich nicht gar zu schwere Probleme wählte: Der Ponte Beechio in Florenz ist für jeden mit so vielen bedeutenden Assoziationen verknüpft, daß wir unwillkürlich unsere Ansprüche sehr hoch spannen. Dasselbe gilt von den Ruinen in Rom. Aber das Colosseum in seinem violetten Duft steht gut zu Bilde, und ist nur der Vordergrund, der nicht ganz bewältigt ist. Schon der Titusbogen war schwer in die Bildeinheit zu beziehen, und das Grün der Vegetation fällt etwas aus dem Farbenakkord heraus. Hübsch und geschmackvoll sind die Radierungen von h. Mitzlaff, das Gäßchen hat sogar künstlerischen Wert durch die Darstellung des räumlichen. Auch von A. Diers sind zwei sehr feine Radierungen unter Nr. 27 da. Endlich machen wir sie Bekanntschaft von zwei jungen Talenten: G. Fischer, der eine Landschaft und Blumen zeigt; das letztere scheint mir das bessere; und W. Patenge; der noch keinen ernstlichen Unterricht genossen und eine gute Landschaft und einen farbig frisch gestalteten Akt gebracht hat, gewiß Beweise von Begabung. B. Graef.
- rubric
- Kunstverein/Ausstellung im Kunstverein / Kunstausstellung
- Rubriken Kunst
- 15. Dezember-Januar: Weihnachtsausstellung Jenaer Künstler u.a. Ernst Biedermann, Georg Fischer, Hermann Haack, Else Leitzmann, Christoph Natter, Karl Naumann, Otto Herbig